Sven

Lara war mir in den Tagen der Trauer eine große Stütze. Sie war oft bei mir, oder ich ging zu ihr, und sie brachte mich entweder auf andere Gedanken oder hörte mir zu. Und ich konnte mit ihr auch die Sorge um Opa Gabriel teilen, mit dem mich so viel verband und der sich seit Omas Tod sehr verändert hatte.

 

Wie ich in diesen Tagen meine Führerscheinprüfung bestand, wusste ich nicht. Aber ich schaffte es tatsächlich und durfte nun mit dem Auto fahren.

 

Weil wir in der Schule gerade das Thema Genealogie, also Ahnenforschung hatten, machten sich Lara und ich an einem Samstag mittag auf nach Simgard, um unser altes Grafenanwesen anzuschauen. Ich wollte davon ein paar Fotos machen und die mit in die Schule nehmen.

"Meine Güte, was ist denn hier passiert?", fragte mich Lara und stapfte mir durch das hohe Dickicht hinterher. Hier war alles verwildert, das Haus war nur noch eine Ruine und der Garten war in einem Zustand, der den Namen Garten nicht verdiente. Es war ein Bild des Jammers.

"Hier hat vor ein paar Jahren, als ich noch ein Baby war, jemand das Haus in Brand gesteckt. Meine Mutter wäre wohl ohne meinen Vater verbrannt. Warum dieser andere da das Feuer legte, weiß ich allerdings nicht, sie sprechen nicht darüber. Ich habe das von meinem Opa erfahren, während wir zusammen im Garten gearbeitet hatten und wir irgendwie auf dieses Thema gekommen sind. Seither wurde hier nichts mehr gemacht".

"Furchtbar", sagte Lara.

Erst jetzt wurde mir das ganze Ausmaß der Zerstörung wirklich bewusst. Ich hatte die Ruine in einem Zeitungsartikel gesehen, der nach dem Unglück hier in Simgard erschienen ist, und ich habe mir natürlich alles mögliche vorgestellt, aber das hier übertraf wirklich die schlimmsten Erwartungen.

Ich führte Lara hinter die Ruine.

"Ich weiß zwar nicht, wie weit dieses Grundstück uns gehört, aber das hier müsste auf jeden Fall noch dazu gehören. Meine Vorfahren waren nämlich Rennpferdezüchter, hier standen also mal Ställe, Koppeln, und so weiter".

"Deine Vorfahren waren Rennpferdezüchter?", fragte Lara und sah sich um.

"Ja, unser Wappen zeigt in der Mitte auch ein Pferd"

"Ihr habt ein Familienwappen?", fragte sie noch überraschter nach, und ich musste nun doch lachen.

"Ja, da staunst du, was? Aber nicht, dass dir das jetzt zuviel wird und du denkst, dass wir so nicht zusammensein können", versuchte ich zu scherzen, doch ein klein bisschen Angst hatte ich tatsächlich.

"Sven, wie kommst du denn jetzt auf so einen Gedanken?", fragte sie mich.

"Na, es könnte doch sein, oder? Immerhin hast du am Anfang...", sie unterbrach mich.

"Vergiss` das doch mal! Ich war doof, okay? Du bist mir viel wichtiger als alles andere, und ich gebe dich bestimmt nicht wieder her! Da könntest du auch kommen und sagen, dass du der Kaiser von China bist!".

Ihre Worte taten mir so gut, dass ich sie auf der Stelle in den Arm nehmen musste. Danach machte ich dann ein paar Bilder von hier, viele auch von Lara, denn man konnte gar nicht genug Fotos von seiner süßen Freundin haben, dann gingen wir zurück zum Auto.

Als wir im Auto zurück nach Sunset Valley saßen, erinnerte mich Lara daran, dass ich auch eine Kopie meiner Geburtsurkunde mit in die Schule bringen sollte. Außerdem sollten wir mal einen Blick in das Familienstammbuch werfen und dann versuchen, auch frühere Generationen ausfindig zu machen. Ich wusste, dass das von der Hohenstein-Seite aus viel leichter werden würde als von Seiten der Wan-Verwandtschaft in China. Aber vielleicht konnte mir Onkel Johannes da noch helfen, außerdem war Opa ja nun auch so oft in China gewesen und hatte sicher einige Verwandte kennengelernt. Ob ich ihn allerdings schon so etwas fragen konnte, bezweifelte ich doch sehr, weil es ihn sicher zu sehr an Oma erinnerte.

Zu Hause ging ich dann gleich in das Schlafzimmer meiner Eltern, in dem meine Mutter die wichtigen Dokumente wie das Familienstammbuch in ihrem Nachttisch aufbewahrte.

Ich nahm mir unser Stammbuch und setzte mich auf den Stuhl neben Mutters Schminktisch. Zuerst blätterte ich in dem Familienstammbuch herum und besah mir die Namen meiner Großeltern, die man auf der Heiratsurkunde meiner Eltern sah. Die Eltern meines Vaters waren ja schon recht früh gestorben und ich hatte sie leider nicht kennengelernt.

Weiter hinten waren dann die Geburtsurkunden von uns Kindern drin. Ich überflog alle drei zuerst flüchtig, weil darauf ja nichts stand, was ich nicht wusste, dann wollte ich gerade meine ausordnen, um sie zu kopieren, als ich stutzte.

 

Das konnte doch nicht sein.

 

 

Ich besah mir die Urkunde noch einmal genau. Ja, es war meine. Mein Name stand da, mein Geburtsdatum. Alles stimmte. Bis auf eine Sache.

Ich verstand die Welt nicht mehr. Warum stand hier schwarz auf weiß bei Vater "unbekannt"?

 

 

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