7 Jahre später

Wir schreiben inzwischen das Jahr 2059

"Ich melde mich gleich, wenn ich dort bin", versprach mir Manu. Ich hielt ihn fest umklammert. Das war schon die vierte, mehrtägige Geschäftsreise in zwei Monaten.

"Ja, und ich hoffe, dass das bald wieder ruhiger wird", antwortete ich.

 

Wir standen auf unserem Flughafen, und ich musste Manu also mal wieder verabschieden.  

Wir umarmten uns.

"Ich bin in vier Tagen wieder da", sagte er. Vier Tage hörten sich ja grundsätzlich nicht viel an. Aber er war in den letzten Wochen so oft weg gewesen. Mal eine Woche, dann wieder fünf Tage, einmal auch zehn Tage.

 

Die große, europaweite Werbekampagne, die wir vor einem halben Jahr geschaltet hatten, war leider nicht so eingeschlagen, wie wir erhofft hatten. Die Kampagne hatte ordentlich Geld geschluckt, dass nun nicht wie erwartet wieder erwirtschaftet wurde, deshalb mussten wir nun Einsparungen treffen, wo es eigentlich nicht ging, wie etwa in der Entwicklung. Manu flog nun in der Weltgeschichte herum, um persönlich dem europäischen Einzelhandel unsere Waren schmackhaft zu machen. Er hatte immer wieder Termine mit Firmen- und Konzernchefs, ging auf Messen oder schaltete in den lokalen Radiosendern Werbung für uns.

"Ich muss leider, Liebling", sagte Manu, und ich sah es auch. Die meisten Passagiere hatten die Ticketkontrolle bereits hinter sich gelassen, während er noch hier draußen vor der Handgepäckkontrolle war, weil wir uns nicht voneinander trennen konnten. Es war mit jedem Mal schlimmer geworden, und ich wollte ihn einfach nicht mehr vermissen. Doch tapfer küsste ich ihn zum Abschied und ließ ihn die Kontrollen passieren.

Am nächsten Tag konnte ich wenigstens in Sunset Valley bleiben, denn Silas und dessen Assistent Viktor leisteten gute Arbeit. Silas war seit fünf Jahren der Geschäftsführer bei uns, und Viktor hatten wir ihm zur Seite gestellt, damit wir alle flexibler waren. So konnte ich etwa auch wieder öfter an meinen Romanen arbeiten. In den letzten sieben Jahren waren drei Romane von mir erschienen, die sich sogar ganz gut verkauften.

 

Ich aß gerade eine Kleinigkeit, als sich Sven zu mir setzte und seine Hausaufgaben erledigte.

"Mum, ich habe Mathe verhauen", sagte er krächzend. Er war inzwischen schon 14 und mitten im Stimmbruch.

"Was ist denn dabei rausgekommen?", fragte ich ihn. Ich wusste ja, wie ehrgeizig mein Sohn war, da konnte es sein, er machte so eine Bemerkung, nur weil er eine drei bekommen hatte.

"Drei minus. Ich kann Mathe einfach nicht!", sagte er und ich musste schmunzeln.

"Viele wären froh, wenn sie eine drei in Mathe hätten. Ich war es immer, denn oft musste ich schon glücklich sein, noch eine vier zu bekommen. Deine Talente liegen eben ganz woanders, das weißt du doch! Und dann ist eine drei doch wirklich hervorragend!", munterte ich ihn auf.

"Ach, dieses dämliche Fach verhaut mir aber immer meinen Schnitt", motzte er weiter.

"Du kannst mit deinem Schnitt mehr als zufrieden sein. Mache dir bitte keinen Kopf". Schlecht gelaunt erledigte er seine Aufgaben und traf sich danach sofort mit Gustavo. Er war mitten in der Pupertät.

Die Probleme in der Firma rissen einfach nicht ab, denn nachdem Manu wieder eine Woche hier war, bekam ich eine E-Mail zugeschickt, die keine guten Neuigkeiten enthielt.

 

Die Mail war von unserem Werkleiter aus Frankreich. Das Werk war noch nicht ganz ein Jahr alt, und schon gab es Probleme dort. Ich musste mit Manu reden, also machte ich mich auf den Weg zu ihm.

Auf dem Weg dorthin kam mir Silas entgegen.

"Silas, hast du ein paar Minuten?", fragte ich ihn, denn er musste das auch wissen.

"Ja, habe ich. Gibt es Probleme?", fragte er sofort nach.

"Ja, ich war gerade auf dem Weg zu Emmanuel, um das mit ihm zu besprechen. Aber du und Viktor müsst das auch wissen, deshalb wäre es gut, wenn du mitgehen könntest"

"Okay, gehen wir", meinte Silas, und wir gingen gemeinsam in das Büro von Manu.

"Hey, ihr zwei!", begrüßte uns Manu halb belustigt, halb besorgt. "Ist irgendetwas passiert?". Bei diesen Worten sah er mich an, und ich seufzte auf.

Silas und ich setzten uns auf die Stühle vor Manus Schreibtisch.

"Ich habe gerade eine Mail von Monsieur Dupont erhalten", begann ich zu erzählen. Monsieur Dupont war der Werkleiter des französischen Werkes. "Er hat gesagt, dass eine große Unruhe in der Belegschaft sei, weil irgendjemand das Gerücht in die Welt gesetzt hat, dass wir vorhaben, einige Leute zu entlassen. Nun drohen die mit Streik, wenn sie keine garantierte Beschäftigung bis ins Jahr 2070 bekommen".

"Elf Jahre garantierte Beschäftigung", schnaubte Manu, "Und das in einem Werk, das noch kein Jahr steht und wir nicht im Geringsten sagen können, wie die Geschäfte dort laufen werden"

"Ich weiß, es ist absolut nicht machbar. Die andere Alternative aber ebenso nicht, wenn das Werk nämlich erst mal streikt und die Produktion dort zum Erliegen kommt, wäre das fatal", warf ich ein. Wir hatten die Produktion der Gartenkleingeräte nach Frankreich verlegt, um hier den Platz für die Produktion der Schädlingsbekämpfer zu haben, die gut angekommen waren. 

Nun meldete sich Silas zu Wort.

"Wie ist überhaupt dieses unglaubliche Gerücht entstanden? Das müsste den Leuten doch klar sein, dass wir jetzt niemanden dort entlassen, wo die Geschäfte und somit die Produktion dort erst richtig anlaufen".

"Ach, das kann nur ein flapsiger Spruch in der Kantine gewesen sein, und schon breitet sich so etwas unkontrolliert aus", sagte Manu.

"Eben. Oder jemand ist so dermaßen unzufrieden mit seinem Job dort, dass er nun Streß machen möchte. Oder die andere Seite, jemand braucht dringend das Geld und möchte tatsächlich diese garantierte Beschäftigung haben. Das kann alles sein", stimmte ich zu.

"Herausfinden werden wir das wohl nie", meinte Silas, dem Manu und ich zustimmten.

Manu stand auf und sah nachdenklich auf das Meer hinaus.

"Nein, herausfinden werden wir das wohl nicht", wiederholte er. "Aber es ist klar, dass wir da schnell handeln müssen, bevor die ganze Situation eskaliert. Ich fliege in sechs Tagen nach Norwegen, weil ich dort einen Termin mit dem Chef einer Baumarktkette habe. Der nordeuropäische Markt hat enormes Potential". Ja, er würde schon wieder fliegen, also konnte er sich nicht auch noch um dieses Problem kümmern.

Manu setzte sich wieder zu uns.

"Ich werde mich darum kümmern", sagte Silas. "Megara muss dann hier die Stellung halten, Viktor ist ja bis Ende nächster Woche auf Werbereise in England". Emmanuel sah mich an.

"Ja, so machen wir es", stimmte ich sofort zu. "Schon allein, weil dein französisch soviel besser ist als meines, Silas", sagte ich zu ihm.

"Gut", sagte Manu. "Ein Streik dort sollte verhindert werden, egal wie. Wir haben zuviel Geld in dieses Werk gesteckt, als dass wir es uns leisten könnten, dass nun dort die Produktion nicht mehr läuft. Und das wir den Mitarbeitern nicht versprechen können, elf Jahre lang Beschäftigungssicherung zu garantieren, müsste ihnen eigentlich klar sein"

"Die werden begeistert sein, wenn wir auf nichts eingehen", frotzelte Silas.

"Ich denke, es ist das beste, wenn du als Geschäftsführer dorthin fliegst", warf ich ein. "Du kannst ja eine Personalversammlung einberufen und die Leute so beruhigen".

"Das werde ich auch. Je früher, desto besser", war er einverstanden.

Da alles gesagt war, standen wir auf.

"Megara, ich lege dir die Unterlagen zum nächsten Meeting auf den Schreibtisch. Eigentlich hätte ich das ja führen sollen, aber das ist Mitte nächster Woche und ich weiß nicht, ob ich bis dort wieder da bin. So könntest du dich schon einlesen, falls du ran müsstest".

"Alles klar", sagte ich und seufzte innerlich auf. Ich hasste es, Meetings abzuhalten. Hasste, hasste, hasste es. Alle starrten einen an, man kam sich wie auf dem Präsentierteller vor. Aber gut, es blieb nichts anderes übrig. Wenn weder Manu noch Silas noch Viktor hier waren, war das eben meine Aufgabe. Kurz bevor wir bei der Tür waren, nahm Manu kurz meine Hand und sah mich an. Sein Blick sprach Bände, ich wusste sofort, dass er sich um mich sorgte, weil er natürlich wusste, dass ich es hasste, ein Meeting zu leiten. Doch ich lächelte ihn leicht an und bedeutete ihm damit, dass er sich keine Sorgen machen sollte. Immer noch musterte er mich, doch ich drückte seine Hand, um ihm zu verstehen zu geben, dass es in Ordnung war. Er seufzte dann leicht auf, und ich ging mit Silas hinaus.

Wenigstens war zu Hause alles in bester Ordnung. Als ich am nächsten Mittwoch in den Garten trat, standen dort mein Vater und Sven und sprachen miteinander.

 

Ja, Sven hatte vielleicht nicht das beste mathematische Verständnis. Aber er war jetzt schon ein ausgezeichneter Gärtner. Es musste wohl nicht lange überlegt werden, von wem er dieses Talent geerbt hatte.

Die beiden waren oft zusammen hier im Garten beschäftigt und strahlten dabei eine Ruhe und Zufriedenheit aus, die ich so manches Mal gerne ebenfalls hätte. Mein Vater hatte in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag gefeiert, aber er war immer noch sehr fit. Und seit er Sven im Gärtnern unterrichten konnte, sowieso.

 

Ich hörte den beiden zuerst einfach zu, denn schon allein die Gespräche, die sie dabei führten, waren einfach beruhigend.

"Sven", sagte mein Vater, "Das da vor uns ist welcher junge Baum?"

"Nach den Blättern nach zu urteilen ein Pomelo", antwortete Sven.

"Pomelo, richtig. Fällt dir etwas auf?".

Sven besah sich in Ruhe das junge Bäumchen vor sich.

"Irgendwie sieht die Rinde anders aus", meinte er dann nach einer Weile, und ich hörte an seiner Stimme, dass er lächelte, als mein Vater sagte:

"Sehr gut. Das ist richtig. Ich habe versucht, eine widerstandsfähigere Rinde zu züchten, damit die Bäume vor dem Rotwild der Wälder besser geschützt sind. Die lieben ja diese jungen Bäume als Mahlzeit. Diese Rinde habe ich so verändert, dass sie bitterer ist und deshalb für die Tiere nicht mehr so schmackhaft. Nichts gegen das Rotwild, aber wir sind Gärtner und müssen schauen, dass unsere Pflanzen überleben, nicht wahr?". Mein Sohn nickte zustimmend.

"Wie hast du das gemacht?", wollte er dann wissen, und mein Vater begann nun, ihm zu erklären, wie er bei der Züchtung dieses Bäumchens vorgegangen war. Da ich die beiden nicht stören wollte, ging ich wieder ins Haus.

Dort erwartete mich dann Königin Viola bei Hofe. Sie liebte dieses Spiel mit dem Zepter einfach, den sie mal von Samuel zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte. Viola war die aufgewecktere der Zwillinge und oft genug auch zu Streichen aufgelegt. Madeleine war zwar nicht so ruhig wie Sven - er war eindeutig unser ruhigstes Kind - aber sie musste sich doch öfter mal von Viola ärgern lassen.

 

Auch was ihre Talente anging hatten die Zwillinge kaum was gemeinsam. Während Viola am Liebsten draußen war, hockte Madeleine oft im Haus und beschäftigte sich hier. Oft genug hörte sie Sam beim Gitarre spielen zu und zupfte auch gern selbst mal darauf herum. Viola war glücklich, wenn sie draußen auf Bäume klettern oder irgendwelchen Unsinn anstellen konnte.

Trotz der Unterschiede in ihren Persönlichkeiten schliefen sie immer noch in einem Zimmer. Das Stockbett, dass wir ihnen gekauft hatten, wurde von ihnen heiß geliebt. Madeleine genoß es, in ihrer Höhle unten zu liegen, Viola fühlte sich natürlich oben wohl.

Als die Zwillinge dann schliefen, saßen Manu, Sven, mein Vater und ich am Esszimmertisch. Mutter hatte sich ebenfalls schon hingelegt, weil sie sich etwas schlapp gefühlt hatte. Mein Vater las scheinbar unbeteiligt in einem Gartenbuch, während Manu mit mir über die Problematik in der Firma redete.

"Wir bräuchten etwas ganz Neues, etwas, das sofort wie eine Bombe einschlägt und uns praktisch aus den Händen gerissen wird", sagte Manu.

"Und das wird nicht einfach zu finden sein. Was uns unsere Entwickler ja auch schon mehr oder weniger gesagt haben", sagte ich.

"Ja, ich weiß", stimmte Manu zu. "Ich gehe ja am Montag nach Norwegen, vielleicht kommt mir da die Erleuchtung". Ich seufzte auf.

"Schön wäre es", gab ich zurück.

"Auf jeden Fall nehme ich meine Kamerausrüstung mit. Und wenn mir schon keine Erleuchtung kommt, werde ich sicher ein paar wunderbare Fotos dort schießen können", fügte Manu hinzu. Ja, er hatte in unseren Flitterwochen tatsächlich den Grundstein für ein neues Hobby gelegt. Das Fotografieren war für ihn sehr wichtig geworden, ein geliebtes Hobby, was man unserem Haus auch ansah.

Überall hingen Fotos, die er geschossen hatte, wie hier im Esszimmer etwa die drei wunderschönen schwarz-weiß-Bilder unserer Kinder. Seine Ausrüstung war immer größer geworden, seine Kenntnisse ebenfalls, was man den Bildern auch ansah. Inzwischen experimentierte er mit Filtern und anderen Dingen, von denen ich keine Ahnung mehr hatte. 

"Ja, dort kannst du sicher ein paar tolle Fotos machen!", sagte ich zu ihm.

Plötzlich brummte mein Vater in seinen Bart:

"Merkst du das, Sven? Da beschäftigen wir beide uns doch so oft im Garten und werden hier nicht gefragt, ob wir vielleicht etwas zur Lösung des Problems hätten". Ich sah meinen Vater überrascht an, während Svens Blick zu mir huschte.

"Was soll das heißen, Vater?", fragte ich.

Mein Vater legte seelenruhig das Buch weg und sah mich an.

"Das heißt", begann er, "dass ihr anscheinend nicht wisst, dass euer Sohn ein kleines Genie ist".

Sven lachte verlegen.

"Opa, das kann man nun wirklich nicht sagen! Ich habe doch nur ein bisschen experimentiert", sagte er bescheiden.

"Sven?", fragte Manu und sah ihn an. "Möchtest du uns davon erzählen?"

"Hm, ja", machte Sven, und ich bemerkte, dass er aufgeregt war. "Also, ich habe nur mal ein bisschen was probiert...", begann er. "Ich fand es irgendwie faszinierend, dass Nadelhölzer ihre Nadeln im Herbst nicht verlieren, aber Laubbäume schon. Als wir in Bio die Photosynthese dran genommen haben, habe ich mich ein bisschen mehr mit dem Thema befasst. Naja, die Nadeln der Nadelbäume sind mit einer dünnen Wachsschicht überzogen, weshalb die Nadeln im Winter vor der Kälte geschützt sind, außerdem verlieren sie so keinen Wasserdampf aus den Poren und die Nadeln können selbst Wasser speichern. Ich wollte nur mal wissen, ob man das mit entsprechenden Kreuzungen auch für Laubgewächse zunutze machen kann".

"Wow!", sagte ich beeindruckt. Ich wusste ja, dass er bereits ein enormes Wissen über Pflanzen hatte, weil er soviel Zeit mit meinem Vater verbrachte. Aber das war ja schon fast Forschungsarbeit, dabei war er erst 14! "Und was ist dabei herausgekommen?"

"Ein Rosenstrauch, der seine Blätter nicht verliert", antwortete mein Sohn.

"Sven ist es vermutlich gelungen, eine neue immergrüne Art Rosen zu züchten, deren Blätter durch eine feine Wachsschicht ähnlich der Nadeln von Nadelbäumen so geschützt ist, dass ein erfrieren im Winter nicht mehr passieren kann. Ganz abgeschlossen sind unsere Forschungen hierzu noch nicht, aber bis jetzt spricht alles dafür, dass er das tatsächlich geschafft hat", erklärte uns mein Vater, der nicht ohne Stolz Sven ansah. Manu und ich waren kurz sprachlos. Da suchten wir überall nach einer Lösung und hatten die praktisch direkt vor der Nase sitzen!

Mein Vater nahm das Buch wieder in die Hand und brummte:

"Aber uns fragt man ja nicht, was Sven?". Manu schaute ihn lächelnd an.

"Sagt ihr uns Bescheid, wenn ihr mehr darüber wisst?", fragte er die beiden.

"Logo", antwortete Sven sofort. Er hörte sich ganz eifrig an und war sicher stolz, vielleicht einen Beitrag für die Firma leisten zu können. 

"Wunderbar! Vielleicht ist das die Lösung, auf die wir gewartet haben!", sagte ich immer noch überrascht.

Später saßen Manu und ich noch im Wohnzimmer und sprachen natürlich noch einmal darüber.

"Da steckt ganz schön viel Talent in Sven", sagte Manu.

"Allerdings!", stimmte ich zu. "Wenn er das tatsächlich schafft und mein Vater noch diese Bäume mit dieser widerstandsfähigeren Rinde hinbekommt, dann könnten wir ein komplett neues Sortiment aufnehmen. Pflegeleichte und widerstandsfähige Pflanzen, die es so sonst nirgends zu kaufen gibt. Ich denke, das würde auch Europa überzeugen, unsere Artikel zu kaufen, oder?"

"Auf jeden Fall!", sagte Manu. "Dann wollen wir hoffen, dass Gabriel und Sven uns da bald positive Berichte erstatten können".

Am nächsten Abend ging ich in das Wohnzimmer und fand Sam mit einer neuen Freundin vor. Zumindest war mein letzter Stand gewesen, dass er Single war. Dem war jetzt wohl nicht mehr so.

Ich wollte schon diskret gehen, als mich Sam bemerkte und sagte:

"Meg, bleib` noch kurz!". Ich ging also wieder zu den beiden zurück, und dann erkannte ich die junge Frau: Das war Jennifer, Silas` Schwester!

"Ihr beiden kennt euch ja schon, oder?", fragte Sam, und ich bejahte.

"Hallo, Jennifer!", begrüßte ich sie. "Geht es dir gut?"

"Bestens, danke!", hauchte sie und konnte kaum den Blick von Sam lassen.

"Schön!", sagte ich

"Jenny ist hierher nach Sunset Valley gezogen, weil sie hier einen neuen Job gefunden hat", fügte Sam erklärend hinzu. Es freute mich so sehr für Sam, dass er sich anscheinend verliebt hatte, denn er sah ganz schön glücklich aus. Und ich hoffte, dass das nun etwas Ernsteres war, das würde ich ihm so gönnen. Da ich die beiden wieder allein lassen wollte, suchte ich schon nach einer Ausrede, weshalb ich wieder verschwinden konnte ohne als unhöflich dazustehen, als es an der Tür klingelte. Wie praktisch!

"Ihr entschuldigt mich bitte!", sagte ich und ging zu unserer Haustür.

Als ich die Tür öffnete, erschrak ich bis ins Mark, als ich dort zwei Polizisten stehen sah.

„Gräfin von Hohenstein?“, fragte der ältere der Polizisten.

„Ja?“, fragte ich zurück und meine Stimme war trocken. In meinem Kopf arbeitete es. Manu war heute in der Firma gewesen, und um diese Zeit war er meist auf der Autobahn, wenn er nach Hause fuhr. Hatte er einen Unfall gehabt?

„Hauptkommisar Faller und das ist mein Kollege Müller“, stellte der Ältere sich und seinen Kollegen vor und beide zeigten mir ihre Dienstmarke. „Ihr Mann ist Emmanuel Graf von Hohenstein?“, fragte er mich dann.

„Ja. Was ist mit ihm?“, fragte ich und konnte meine Panik kaum mehr unterdrücken. Etwas war geschehen. „Was ist mit meinem Mann?“, wiederholte ich einer Ohnmacht nahe. Die beiden Polizisten sahen sich kurz an, dann zog der Jüngere etwas aus seiner Gesäßtasche, was sich bei genauerem Hinsehen als Foto entpuppte.

„Gräfin, kennen sie diesen Mann?“, fragte er und hielt mir das Foto unter die Nase. Ich starrte das Bild an. Und wie ich den kannte.

„Ja“, krächzte ich. „Der sitzt im Gefängnis, nachdem er vor fast 14 Jahren versucht hat, mich umzubringen“. Auf dem Bild war Gernot zu sehen. Es musste ein aktuelles Foto sein, denn er sah alt darauf aus, aber er war es eindeutig.

 

 

 

 

„Gernot Lutzenbacher ist vor drei Wochen aus seiner Haft entlassen worden“, fuhr der jüngere Polizist fort. Mir schwankte der Boden unter den Füßen. Er war wieder frei? Das durfte nicht wahr sein!

„Er ist wieder frei?“, fragte ich geschockt und erkannte meine Stimme kaum wieder. Das Blut rauschte in meinen Ohren und alle meine Muskeln verkrampften sich.

„Ja“, antwortete der Polizist.

 

Dann machte er noch eine kurze Pause, bevor er sagte: „Gernot Lutzenbacher hat vor 35 Minuten ihren Mann vor ihrem Firmengebäude niedergestochen“.

 

 

Hier geht es zu den Screenshots der 9. Aufgabe >>

 

 

Der Stammbaum aktualisiert.

Ich habe euch mal ein bisschen aufgeschrieben, wann was passiert ist. Und auch für mich selbst, natürlich. ;-)